25. März 2025

„In unseren unruhigen, oft als unsicher wahrgenommenen Zeiten bietet die Friedhofsgärtnerei eine langfristige, stabile Perspektive.“

Lutz Pakendorf, geschäftsführender Vorstand der Genossenschaft Kölner Friedhofsgärtner, erklärt, warum gerade Quereinsteiger und Studienabbrecher für Friedhofsgärtnereien attraktive Kandidaten sind – und was den Friedhofsstandort Köln einzigartig macht.

 

Herr Pakendorf, Quereinsteiger und Studienabbrecher rücken bei der Nachwuchsgewinnung für Ihre Mitgliedsbetriebe zunehmend in den Fokus. Woran liegt das?

Lutz Pakendorf: Das ging im Grunde von den Bewerberinnen und Bewerbern aus. In den vergangenen Jahren haben sich mehr und mehr Personen bei uns und unseren Mitgliedsbetrieben gemeldet, die schon etwas älter sind und beispielsweise ein Studium begonnen haben. Aber offenbar haben sie in der theoretischen Ausbildung an der Hochschule ihr berufliches Glück noch nicht gefunden haben und suchen etwas anderes.

Und wurden dann direkt auf die Friedhofsgärtnerei aufmerksam?        

Nur zum Teil. Oft stoßen sie bei ihrer Suche nach einer Alternative zum Studium zunächst auf den Garten- und Landschaftsbau – diese Sparte ist in der allgemeinen Wahrnehmung meist präsenter als die Friedhofsgärtnerei. Gemeinsam ist den Bewerbern aber das Interesse an einer „grünen“ Tätigkeit.

Wie unterscheiden sich denn Garten- und Landschaftsbau und die Friedhofsgärtnerei?

Im Wesentlichen durch die Art der Arbeiten. Im GaLaBau geht es häufig rustikaler zu, es wird beispielsweise mehr mit Stein und mit großen Maschinen gearbeitet. Die Arbeit ist also körperlich fordernder und zum Teil auch lauter. Demgegenüber sind die zu bearbeitenden Flächen auf den Friedhöfen kleiner, die Arbeit mit Pflanzen und gestalterische Aspekte stehen mehr im Vordergrund. Es kommt auch mehr darauf an, sorgfältig zu arbeiten. Wir sagen, Friedhofsgärtner sind die „Feinmotoriker“ im Gartenbau.

Ist das Berufsbild deshalb für Frauen attraktiver?

Pauschal würde ich das so nicht sagen, Frauen sind in den allermeisten handwerklichen Berufen nach wie vor in der Minderheit. Doch unsere Mitgliedsbetriebe berichten uns derzeit durchaus häufiger, dass sich bei ihnen wieder mehr Frauen melden, entweder direkt als Auszubildende oder zunächst für ein Praktikum zum Reinschnuppern. Aber auch die Anfrage von ungelernten Kräften nimmt zu – auch durch weibliche Bewerber.

Wie sind die Erfahrungen der Kölner Friedhofsgärtner mit Quereinsteigern beziehungsweise Studienabbrechern?

In aller Regel sehr positiv. Das hängt sicherlich mit der etwas größeren Lebenserfahrung zusammen – mit Mitte 20 ist die Persönlichkeit eben schon etwas gereifter als direkt nach der Schule. Hinzu kommt bei Studienabbrechern der höhere Bildungsabschluss, den die Bewerberinnen und Bewerber schon für das Studium brauchen. Dadurch tun sie sich mit dem theoretischen Lernen am Berufskolleg in aller Regel leichter. Das bestätigen uns auch die Lehrkräfte in Köln.

Ideale Kandidaten also. Doch noch herrscht überwiegend Nachwuchsmangel bei den Betrieben, oder?

Auf jeden Fall, der Mangel ist enorm. Umgekehrt bedeutet das für Menschen, die sich für das Berufsfeld interessieren, aber auch viele Möglichkeiten, sich langfristig bei den Betrieben einzubringen. Auch in führenden Positionen, als Vorarbeiter oder Meister. Und wer weiß, vielleicht übernehmen manche auch einmal eine unserer rund 40 Friedhofsgärtnereien im Stadtgebiet und Kölner Umland als neue Inhaber. Das ist eine realistische Option, denn die Babyboomer-Generation scheidet in den kommenden fünf bis zehn Jahren weitestgehenden aus dem Berufsleben aus.

Wie sehen Sie als Genossenschaft Ihre Aufgabe?

Wir sehen uns als Vermittler. Wir unterstützen unsere Mitgliedsbetriebe nach Kräften, geeignete Nachwuchskräfte zu finden – von ungelernten Helfern bis hin zu Praktikanten und Auszubildenden. Und hierfür sind Studienabbrecher besonders interessant, diese Gruppe möchten wir verstärkt erreichen.

Wie gehen Sie das an?

Indem wir versuchen, diese Gruppe verstärkt mit unseren ohnehin laufenden Rekrutierungsmaßnahmen zu erreichen und generell das Berufsbild attraktiver und präsenter zu machen. So sind wir beispielsweise mit einem Podcast aktiv, präsentieren Wissenswertes rund um die Friedhofsgärtnerei in den sozialen Medien, etwa bei Instagram. Und spätestens seit 2015 sind wir, in Köln und darüber hinaus, sehr präsent mit unserer Nachwuchswerbung.

Inwiefern?

Damals haben wir eine Ausbildungskampagne gestartet, online vor allem mit der neuen Website ruhebewahrer.de und einem frischen Werbevideo, aber auch offline mit Teilnahmen an Berufsmessen, Infoveranstaltungen in Schulen und durch gutes Networking.

Was war der Kern der Kampagne?

Im Zentrum stand die Idee, den Beruf attraktiver für junge Menschen zu machen. Das begann bei dem Namen: Ruhebewahrer statt Friedhofsgärtner.

Wie war die Resonanz darauf?

Sehr gut! In dem Begriff steckt die Ruhe des Ortes, also des Friedhofs, den die Friedhofsgärtner bewahren. „Ruhebewahrer“ ist aber auch augenzwinkernd gemeint und spielt darauf an, dass heute auf dem Friedhof zunehmend die möglichst leisen, akkubetriebenen Geräte zum Einsatz kommen. Die Kampagne und ihr Slogan kamen bei den weiterführenden Schulen und in den Medien sehr gut an, wir konnten uns ein tragfähiges Netzwerk aufbauen. Das hat uns sehr gefreut und motiviert uns, die Nachwuchswerbung fortzuführen.

Was macht den Beruf des Friedhofsgärtners aus Ihrer Sicht so attraktiv?

Friedhöfe sind zunächst tolle Arbeitsorte in einer ökologischen Nische. Sie sind Oasen abseits des Lärms und der Hektik – und das mitten in einer Großstadt wie Köln mit 59 Friedhöfen im Stadtgebiet und vielen weiteren im Umland. Außerdem sind Friedhöfe wertvolle Trauerorte, die Menschen helfen, mit ihrer Trauer über den Verlust eines geliebten Menschen umzugehen. Die Arbeit für und mit diesen Menschen kann sehr erfüllend sein. Es gibt aber noch weitere Vorteile.

An welche denken Sie?

In unseren unruhigen, oft als unsicher wahrgenommenen Zeiten bietet die Friedhofsgärtnerei eine langfristige, stabile Perspektive.

Inwiefern?

Allein wir als Genossenschaft verwalten rund 13.000 Pflegeverträge für die Dauergrabpflege auf den Kölner Friedhöfen. Das bedeutet auf Jahre und Jahrzehnte gesicherte Arbeit für die Friedhofsgärtnereien. Um diese Arbeiten zu erledigen, wird es auch in Zukunft noch viele motivierte Menschen brauchen.

Viel Arbeit bedeutet auch gute Verdienstmöglichkeiten?

Ja, die Bezahlung ist auf jeden Fall wettbewerbsfähig! Die Ausbildungsvergütung beispielsweise ist jüngst angehoben worden auf 950 bis 1280 Euro pro Monat. Und nach der Ausbildung wird in aller Regel übertariflich bezahlt – ab 3000 Euro Einstiegsgehalt sind für Gesellen nach der Ausbildung nicht unüblich. Eines ist mir aber besonders wichtig.

Was haben Sie im Sinn?

Köln ist einer der wichtigsten und innovativsten Friedhofsstandorte in Deutschland – auch dank des kulturhistorisch bedeutsamen Melatenfriedhofs in der Innenstadt, das ist einer der bekanntesten Friedhöfe überhaupt. Und mit einem Berufsstand aus erfolgreichen Kollegen und Kolleginnen, die auch bei bundesweiten Wettbewerben regelmäßig auf den vordersten Plätzen landen, zum Beispiel bei Bundesgartenschauen. Von Köln gehen immer wieder Impulse aus für zeitgemäße Bestattungsarten, etwa mit den Bestattungsgärten, die nach wie vor sehr beliebt sind. An einem solchen Friedhofsstandort zu arbeiten und dessen Zukunft im Wortsinn mitzugestalten, ist aus meiner Sicht sehr attraktiv.